UNIVERSITÄTSKLINIK FÜR NIEREN- UND HOCHDRUCKKRANKHEITEN, DIABETOLOGIE UND ENDOKRINOLOGIE

Polyneuropathie

Arbeitsgruppen

Diabetisches Fußsyndrom und Polyneuropathie


Unter dem Begriff „diabetisches Fußsyndrom“ werden Krankheitsbilder zusammengefasst, die bei unterschiedlicher Ätiologie und Pathomechanismen mit einer Schädigung der Fußintegrität einhergehen. Allen gemeinsam ist, dass Fußläsionen komplikationsbehaftet sind und bei verzögerter oder ineffektiver Behandlung die Amputation droht. Zudem handelt es sich um ein dauerhaftes Leiden, da ein vermindertes Druck-/Schmerzempfinden durch Verlust an Nervenfasern fortbesteht und Wiederholungsverletzungen regelhaft auftreten.

Bei Diabetikern (sowohl Typ 1 wie Typ 2) entstehen Fußkomplikationen durch das Zusammenwirken von Gefäßverengungen (Makro- und Mikroangiopathie) und Nervenschädigung (Neuropathie). Sowohl die schlechtere Wahrnehmung von krankhaften Veränderungen an den Füßen durch die Neuropathie, als auch die höhere Wahrscheinlichkeit der Entstehung aufgrund von Durchblutungsstörungen bedingen einen circulus vitiosus, an dessem Ende Amputationen mit massiven Einschränkungen für den Patienten hinsichtlich Mobilität, Lebensqualität und Lebenserwartung stehen.

Die schlecht heilenden chronischen Fußverletzungen werden dadurch hervorgerufen, dass durch „unbemerkte“ verlängerte lokale Druckbelastung eine Unterbindung der regionalen Durchblutung vorliegt, die zur Schädigung und zum Absterben des Gewebes führt. Bei den Betroffenen fehlt eine Rückmeldung über die Druckverhältnisse im Fußbereich und sämtliche Informationen einschließlich Schmerzempfindung sowie Druckfehlbelastungen. Ein vorbeugendes Herangehen ist daher erschwert. Eine einseitige Belastung kann auftreten und unkorrigiert aufgrund fehlender Empfindung bleiben, bis Hautveränderungen in Form von Geschwüren entstehen.

Diabetiker der genannten Zielgruppe werden laut Versorgungsleitlinien im Regelfall im Abstand von 3 Monaten in entsprechenden Spezialpraxen behandelt. Dazu gehört die Versorgung mit Schuhen mit speziellen Sohlen, die orthopädische Schuhmacher nach den Hinweisen der Mediziner individuell anpassen. Die Sohle ist entsprechend der Fußgestalt ausgearbeitet und besteht aus Materialien, die einwirkende Druckkräfte möglichst gleichmäßig verteilen.

Punktuelle Belastungen können auf diese Weise nicht ausgeglichen werden. Druckbelastungen, die zu den gefürchteten Durchblutungsstörungen und Ulzerationen führen, werden nicht verhindert. Zudem ist eine frühzeitige Detektion von sich entwickelnden Geschwüren selbst bei regelmäßiger Inspektion der Füße nicht möglich.

Die vorliegende erfinderische „intelligente Schuhsohle“ basiert auf üblichen, ärztlich empfohlenen Einlegesohlen. In die Oberfläche der Einlegesohle wird eine flache, gleichmäßig starke Vertiefung (Profil) eingearbeitet, in die ein Sensorsystem eingelegt wird, an dem mehrere sehr dünne Druck- und Temperatursensoren angeschlossen sind. Das Profil ist so gestaltet, dass an den ärztlich individuell bestimmten gefährdeten Orten gleichzeitig eine Temperatur- und Druckmessung erfolgen kann (siehe Abbildungen 1 und 2).

MDR Sendung „einfach genial“


Thema Einlegesohlen (Sendung vom 25. Februar 2014)

intelligente Schuhsohle

Abbildungen 1. und 2. Aufbau der „intelligenten Schuhsohle“.

Die Messung von Druck- und Temperatur bring zwei wesentliche Vorteile mit sich. Zum einen kann das System frühzeitig (ca. 1 Woche im Voraus) den Ausbruch eines Fußgeschwürs (Ulkus) erkennen und Patient und Arzt informieren, wodurch der letztendliche Ausbruch verhindert oder verzögert werden kann. Dies ist aufgrund klinischer Studien nachgewiesen, die einen signifikanten Temperaturanstieg von im Mittel 4°C in dem betroffenen Fuß schon 1 Woche vor dem Eintreten des Geschwürs nachwiesen (Armstrong, Holtz-Neiderer, Wendel, Mohler, Kimbriel, & Lavery, 2007). Zum anderen befähigt das System den Patienten dazu, selbstständig sein Steh- und Gehverhalten so anzupassen, dass auf Dauer das Risiko der Entwicklung eines Fußgeschwürs (Ulkusbildung) sinkt.

Die frühzeitige Alarmierung und Erkennung eines sich anbahnenden Geschwürs erfolgt nach Messung eines Temperaturunterschieds zwischen beiden Füßen. Ca. eine Woche vor Ausbruch eines Ulkus steigt die Temperatur lokal an. Überschreitet die Temperaturdifferenz zwischen dem linken und dem rechten Fuß einen Mindestwert (Grenzwert) bzw. steigt die Temperatur im Vergleich zu den Vormessungen signifikant an einem Meßpunkt an, lässt sich demnach das beginnende Geschwür frühzeitig vorhersagen. Patient und Arzt werden benachrichtigt. Diese frühzeitige telemedizinische Nachweismöglichkeit und Arbeitsdiagnose-Stellung führt dazu, dass ein Geschwürbildung durch aktive Maßnahmen (z.B. Entlastung, Anpassung Schuh, lokale Therapie bei Mazeration) verhindert oder verzögert werden kann (Armstrong et al., 2007).

Die tägliche Messung zur selbstständigen Verhaltensanpassung erfolgt folgendermaßen: Durch die Druck- und Temperaturmessungen können mit zeitlicher und örtlicher Auflösung kritische Druckpunkte definiert und ermittelt werden, bei der die Durchblutung unter „kritische“ Grenzwerte abfällt. Hält dieser an einem der gefährdeten Prädilektionsstellen über eine bestimmte Zeit hin an, wird dem Patienten ein akustisches/visuelles Signal übermittelt, das auf diesen Zustand hinweist und die fehlende Schmerzempfindung ersetzt. Ändert der Patient die Stellung oder Lage des Fußes kurzzeitig (weniger als 1 Minute), so dass die Durchblutung wieder hergestellt ist (Druckabfall, Temperaturanstieg), erlischt das Signal. Auf diese Weise wird eine ausreichende Durchblutung im Fuß gesichert, eine Rückmeldung an den Patienten induziert eine Verhaltensänderung („intelligente Schuhsohle“).

Voruntersuchungen zeigten, dass bei einer Druckbeaufschlagung innerhalb von ca. 10 Minuten die Oberflächentemperatur einer Fußsohle lokal um etwa 1 K sinkt und nach Druckentlastung innerhalb von 1 Minute wieder auf den Ausgangswert ansteigt. Die Untersuchungen wurden an unbekleideten sowie baumwollbesockten Füßen durchgeführt.

Letzte Änderung: 14.10.2019 - Ansprechpartner:

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